Nein, diesmal keine fancy Einleitung.
Wow – dieser Post wird seeeeehr persönlich! Und ich schreib ihn einfach runter, ohne KeyWords oder SEO-Rankings oder Userzahlen im Hinterkopf.
Einfach tippen, was mir in den Sinn kommt – Das habe ich schon sehr lange nicht mehr getan. Und genau darum soll’s in den nächsten Zeilen gehen.
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Warum wir alle öfter tun sollten, was wir wollen
Vor allem ein Erlebnis hat mich zu diesem Beitrag inspiriert. Vor ein paar Tagen kam am Ende eines Films, schon weit im Nachspann, den ich noch laufen ließ, weil die Wäsche noch nicht fertig gebügelt war, ein Rap-Song. Knallharter, waschechter, US-amerikanischer Rap.
Ich liebe Rap! Ab meiner frühen Jugend hat es mir vor allem der deutsche Hiphop angetan (Fanta4, Blumentopf, Creme de la Creme, Die Firma, 5 Sterne, Beginner, Freundeskreis, Fettes Brot, Texta, Waxolutionists – you geht the idea…), nach und nach kamen internationale Rapper dazu. Seit über einem Jahrzehnt bin ich aus diesen „Kreisen“ draußen. Mein jetziges Umfeld verdreht unisono die Augen bei diesem „Hamburg City rules Schwachsinn“ und meine geliebten alten, zum Teil selbst gebrannten CDs verstauben irgendwo im Kinderzimmer meiner Tochter.
Als ich diesen Song also hörte, kamen Erinnerungen und Emotionen längst vergangener Zeiten hoch. Ein wie automatisiertes Kopfnicken. Ein breites Grinsen im Gesicht. Ein Gefühl der Leichtigkeit. Ein rhythmisches Zucken in den Fingern. Und nein, es war kein epileptischer Anfall. Und kein Drogenrausch. Naja, vielleicht ein bisschen.
Ich war nachher so gut drauf, dass es mich selbst überrascht hat. So gut, wie schon lange nicht mehr! WTF?
Egal, warum, ich höre jetzt jeden Tag MEINE Musik. Weil sie mir gut tut. Ganz laut. Und es ist mir schnurz, was die anderen denken.
Seither geht es mir viel besser. Ich habe mehr Energie. Bin einfach gut drauf. Tanze öfter einfach so durchs Zimmer. Grinse viel mehr. Und das überträgt sich auf meine Familie. Und sogar mein Arbeitsumfeld. Und meine Freunde, die fragen, was ich genommen habe und ob sie das auch haben können. Ja, können sie.
Alles geht plötzlich leichter. Ist das nur die Musik? Oder die Erinnerung an ein unkompliziertes Früher, als die wichtigsten Entscheidungen ausschließlich das Samstagabend-Programm betrafen und wer wo wann mit wem der Inhalt unseres Lebens war? Oder der Mut, auf seine eigenen Bedürfnisse zu hören und diese zu erfüllen? Ich weiß es nicht.
Aber ich weiß die Moral von der Geschichte: Wir sollten einfach viel öfter tun, worauf wir gerade Lust haben!
Bedürfnisorientierung ist keine Einbahnstraße
Wir reden hier ganz viel von bedürfnisorientierter Begleitung anstatt verhaltensorientierter Erziehung. Aber Bedürfnisorientierung ist keine Einbahnstraße. Denn nicht nur Kinder, sondern auch Eltern haben Bedürfnisse. Sind diese erfüllt, sind wir satt, ausgeschlafen und zufrieden, ist alles easy-peasy und unsere unerwünschten eingefahrenen Verhaltensmuster, Trigger und Dämonen kommen nicht so leicht durch.
Essen
Der Slogan „Du bist nicht du, wenn du hungrig bist“ hat schon was für sich! Ich will hier gar nicht lange um den heißen Brei herum schreiben: Esst genug und nehmt euch idealerweise Zeit dafür (und wenns nur der Müsliriegel auf der Spielplatz-Bank sitzend ist)! Jeder ist grantig, wenn er Hunger hat, egal ob Baby, Schulkind oder Erwachsener. Und lasst euch von euren Kindern nicht (immer) die besten Stücke weg futtern!
Schlaf
Schlafentzug ist nicht umsonst Folter.
Klar, sind die Kinder noch sehr klein und haben sie alle 2 Stunden Hunger, ist Schlaf einfach Mangelware. Auch größere Kinder brauchen noch nächtliche Aufmerksamkeit, wenn sie krank sind oder Alpträume haben. Die Anzahl der nahezu durchwachten Nächte geht bei uns in den letzten 7 Jahren mit Sicherheit in den dreistelligen Bereich. 6 Stunden durchschlafen war lange Zeit Luxus. Habt ihr schon unser Protokoll der „schlimmsten Nacht unseres Lebens“ gelesen?
Schlaf.
Diesen Luxus gönnen wir uns jetzt allerdings immer öfter, denn unsere Kinder sind mittlerweile groß genug, um locker von nur noch einem von uns betreut zu werden. Indem Papa einfach in ein anderes Zimmer auswandert, wenn eine Schnarch-Schnupfennase bei uns im Bett liegt oder mal wieder ein anderer Virus zugeschlagen hat. Indem ich mich eine Stunde hinlege, während die Kids fernschauen oder Omi & Opi aufpassen. Indem wir uns abwechseln, wer am Wochenende lange liegenbleiben darf. Indem ich hin und wieder bewusst um 9 Uhr ins Bett gehe, statt noch zu arbeiten oder mich um den Abwasch zu kümmern.
Denn zu wenig Schlaf macht uns kaputt – seelisch, geistig und körperlich.
Faul sein
Unsere Kinder sind mittlerweile 5 und 7 Jahre alt und deswegen noch absolut überhaupt nicht faul. Da gibt’s Action den ganzen Tag, bis sie um 21 Uhr dann ca. schlafen und ich frage mich jedes Mal, woher sie die ganze Energie nehmen.
Und zwischendurch sehe ich dann mich als faul an – weil ich nicht voll motiviert mit ihnen durchs Laub hüpfe, weil ich unmöglich stundenlang Versteinern oder Fußball spielen kann, weil ich sie nicht zweimal pro Woche zu irgendwelchen Kursen oder Workshops karre und weil ich seit Jahren einfach kaum Energie habe, Sport zu machen. Oder einkaufen zu fahren.
Aber dann merke ich wieder – wenn ich mir 1-2 Tage etwas Ruhe gönne, ihnen mal nur beim Lego bauen zuschaue anstatt mich zu beteiligen, dann geht’s danach auch wieder weiter mit der Action-Mama.
Man darf hin und wieder mal auch einfach auf dem Sofa liegen bleiben, nix tun und es ohne schlechtes Gewissen genießen. „Liming“ nennen sie das in der Karibik 😉
Me-Time
In dieselbe Kerbe wie das Faul sein schlägt generell Me-Time. Zeit für sich alleine. Kurze Auszeiten vom Alltag. Die Verantwortung abgeben. Sich ausnahmsweise mal nur um sich selbst kümmern müssen. Ins Schlafzimmer gehen, die Tür schließen und ein Buch lesen. Oder Netflix schauen. Wiederum: Für kurze Zeit wirklich nur das tun, worauf man selbst gerade Lust hat. Das lädt die Akkus auf.
Was wollt ihr denn so?
Und nun zu euch:
Was ist es, liebe Community, liebe Mamas und Papas, was ihr schon sehr lange nicht mehr getan habt, aber sehr gerne mal wieder tun wollt? Weil es eure Akkus auflädt? Und euch ganz von selbst ein Grinsen ins Gesicht zaubert? Und ihr das deshalb auch unbedingt einmal wieder tun SOLLT?
- Ihr wollt lautstark bei offenem Fenster eure Lieblingsmusik hören? Dann macht es!
- Ihr wollt vor euren Kindern Unmengen an Schokolade essen? Dann macht es!
- Ihr wollt den Sonntag mal in der Jogginghose verbringen? Dann macht es!
- Ihr wollt eure bunte Hippie-Glitzer-Jean anziehen? Dann macht es!
- Ihr braucht frische Luft und keiner will raus? Dann geht alleine!
- Ihr habt keinen Bock auf Lego bauen? Dann macht es nicht!
- Ihr habt keinen Bock auf Picknick am Spielplatz? Dann macht es nicht!
- Ihr habt keinen Bock, zum 257. Mal Susi & Strolch vorzulesen? Dann macht es nicht!
- Ihr habt keinen Bock, eine Rosa-Glitzer-Einhorn-Geburtstagstorte zu backen? Dann macht es nicht! Oder kauft eine!
Ich weiß nicht, ob das nur mir so stark auffällt, aber die Coaching- und Therapie-Angebot zum Thema „Embodiment“ schießen momentan wie Pilze aus dem Online-Boden. Sich wieder mit sich selbst und seinem Körper zu verbinden und auf die inneren Signale zu hören scheint also ein gefragtes Thema zu sein, das vielen anscheinend gar nicht so leicht fällt.
Aber manchmal braucht es dazu nur ein wenig Mut. Und gute Musik!
Wie hilft Selbstfürsorge unseren Kindern?
Wenn ihr euer Kind wieder angebrüllt habt, dass es jetzt endlich mal im Bett liegen bleiben soll, wenn ihr beim Anblick des ausgeschütteten Milchglases wieder die Nerven weggeschmissen habt, wenn ihr wieder diese eine Sache gemacht habt, von der ihr euch geschworen habt, sie nie wieder zu tun, weil ihr wisst, dass es Blödsinn ist — dann schaut mal nach, ob eure Bedürfnisse erfüllt sind.
Und dann hört auf, euch für euer „Versagen“ zu schämen, sondern nehmt euch selbst in den Arm und sagt: Es ist ok! Und nach der Verzeihung kommt die Heilung.
Auch Selbstheilung ist Selbstfürsorge!
Auf uns selbst zu achten, ist ein absolutes Win Win! Es hilft uns, unseren Kindern, unserer Paar-Beziehung und unserem gesamten Umfeld! Erstens ist es eine unglaubliche Vorbildwirkung für unsere Kids. Aha, Papa achtet immer darauf, dass wir alle irgendwie kriegen, was wir wollen. Aha, Mama sagt mal nein, weil ihr das nicht gut tut. So mache ich das auch!
Keine Sorge, eure Kinder werden deswegen nicht auf einmal (wieder) zu allem Nein sagen, sondern ebenfalls lernen, auf sich selbst zu achten und gleichzeitig die Bedürfnisse ihres Umfelds nicht aus den Augen verlieren.
Zweitens bringt es extrem viel Erleichterung im Alltag! Im nächsten Konflikt um Anziehen, Zähne putzen oder Hausaufgaben schüttelt ihr dann wieder innerhalb von wenigen Sekunden 27 kreative Lösungen aus dem Ärmel. Die verschüttete Milch wischt ihr ohne zu schimpfen mit stoischer Ruhe auf. Bei der Einschlafbegleitung beweist ihr Engelsgeduld und Vorlesen, Spielen und Basteln macht ihr mit der Hingabe, die ihr euch von euch selber für eure Kinder wünscht.
Klingt zu schön, um wahr zu sein? Versprochen: Ausprobieren lohnt sich!
Wenn die Wut oder die Erschöpfung, oder beide, das nächste Mal anklopfen, ladet sie ein – als Freundinnen – und hört euch an, was sie zu sagen haben. Denn bedürfnisorientierte Begleitung impliziert keinesfalls bedingungslose Aufopferung für das Kind! Steht immer nur der Wille eures Kindes im Mittelpunkt, geht das nie lange gut. Nach Wut und Erschöpfung kommt dann irgendwann die Erkenntnis: Damit ich mein Kind WIRKLICH ernst nehmen kann, muss ich mich selbst auch ernst nehmen!
Stellen wir uns unseren Dämonen und tun wir das!
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