Der allabendliche Einschlafkrimi läuft nicht immer gleich ab. Er dauert bei uns von 30 Minuten bis zu nervenaufreibenden zwei Stunden. Und trotzdem haben wir einen Weg gefunden, das zu akzeptieren.
„Mama, du sollst nicht arbeiten, du sollst da sein!“
Diesen Satz flüsterte mir mein Großer (damals 4 Jahre alt) ins Ohr, als ich ihm eröffnete, dass ich in 5 Minuten nach unten gehen werde, weil ich noch arbeiten musste.
Zu diesem Zeitpunkt lag ich bereits eine Stunde bei ihm (Tochter schlief da schon seit 45 Minuten) und er fuhr das volle Nicht-einschlafen-wollen-Programm: Mama, massier mich am Rücken! Mama, massier mich auf den Armen! Mama, ich will noch was trinken! Ich VERDURSTE!!! Mama, ich hab ausgeschüttet, ich brauch ein neues Pyjama!“
Außerdem wollte er zum fünften Mal wissen, wie Räuber und Gendarm funktioniert, nachdem das die großen Kinder an diesem Tag am Spielplatz gespielt haben. Flüsternd hab ichs ihm zum fünften Mal erzählt.
„Mama, du sollst nicht arbeiten, du sollst da sein!“
Dieser Satz hat irgendetwas in mir getriggert. Meine erste Reaktion war: Ich fühlte mich ertappt. Denn er hatte so Recht. Was kann wichtiger sein, als meine Kinder beim Einschlafen zu begleiten und ihnen damit zu vermitteln, sicher und wohlbehütet schlafen zu können?
Arbeit? Nämlich nicht! Aufräumen? Noch weniger! Essen? Geht später auch noch! Aufs Klo gehen? Einfach vorher erledigen. Und während man dann wartet, dass das Kind friedlich ins Land der Träume gleitet, einfach Dinge tun, zu denen man sonst tagsüber sowieso nicht kommt: Kuscheln, tief atmen, den Tag Revue passieren lassen, entspannen, meditieren.
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Warum dauert bei Kindern das Einschlafen immer so lange?
Nein, das Einschlafen dauert grundsätzlich nicht lange. Es dauert nur umso länger, je schneller es gehen soll. Je mehr wir beobachten (wann macht er endlich die Augen zu, wann wird endlich der Atem tief, wann beginnt das charakteristische Zucken als Zeichen der völligen Entspannung?), umso wacher blicken die eigentlich müden Äuglein zurück. Dieses Phänomen kenne ich von nahezu jeder befreundeten Familie. Und wir waren als Kinder auch nicht anders.
Ich gehe immer gemeinsam mit den Kindern auf die Toilette, bevor wir uns zur Gute-Nacht-Geschichte hinlegen. Ich habe nämlich erfahren dürfen, dass sich Kinder nur entspannen und einschlafen, wenn man selbst entspannt ist.
Ja wirklich – ich habs auch nicht geglaubt. Je zappeliger ich innerlich wurde, weil ich ja noch so viel zu tun habe, wenn die lieben Kleinen endlich schlafen, desto unruhiger wurden auch die Kinder. Je mehr ich mit einem Auge ständig auf den Leuchtziffern des Weckers und mit einem Fuß bereits halb aus dem Bett war, desto länger blieben sie wach.
Sie plauderten, stellten Fragen, wollten kuscheln, was trinken, noch eine Geschichte hören oder lagen einfach nur mit offenen Augen da und drehten sich unermüdlich von einer Seite auf die andere. Wie es uns selbst ja manchmal geht, wenn wir nicht einschlafen können.
Schon mein Großer zeigte mir das ziemlich deutlich als er noch ein Baby war: Er schlief im Gitterbett an meine Hand gekuschelt meistens dann ein, wenn ich gerade nicht aufpasste. Wenn meine Gedanken abschweiften und mein Blick leer wurde – kurz, wenn ich mich entspannte. Wenn ich dann wenige Minuten später wieder hinschaute, waren seine Augen zu und sein Atem tief – Jackpot!
Kinder entspannen sich erst, wenn man selbst entspannt ist!
Im Nachhinein betrachtet klingt das total logisch. Kinder haben einfach unglaublich feine Antennen! Wieder eines dieser Dinge, die einem keiner sagt. Kinder spüren buchstäblich unseren Stress. Die Spannung unserer Haut ist dann anders und unsere Pupillen sind geweitet. Diese Anzeichen signalisieren unseren Kindern, dass man auf der Hut ist. Also scheinbar ist es hier nicht sicher. Und wenn Kinder eines ganz dringend zum Einschlafen brauchen, dann ist es Sicherheit! (Weitere Einschlaf-Kriterien sind eine leere Blase, ein voller Magen, genug Kuscheleinheiten und ausreichend Müdigkeit.)
Diese Sicherheit müssen wir ihnen geben. Indem wir ihnen aus evolutionsbiologischer Sicht vermitteln, dass keine Säbelzahntiger ins Lager einbrechen können. Indem wir entspannt sind.
Und so sitze ich jetzt jeden Abend bei ihnen (Papa wird – noch – nicht akzeptiert), wir reden über den vergangenen Tag, dann wird Gute Nacht gesagt und es wird nicht mehr geplaudert. Obwohl wir die klassischen Tipps, damit Kinder leichter einschlafen, alle beherzigen, dauert das gesamte Einschlaf-Ritual durchschnittlich 60 Minuten, was ich an manchen Tagen als ungemein anstrengend empfinde.
Wenn sie noch nicht müde genug sind, hören sie natürlich nicht auf zu plaudern und zu spielen. Auch hier habe ich mittlerweile gelernt, dass es nichts bringt, sie zum Liegenbleiben und Stillsein zu zwingen. Wütend zu werden oder zu schimpfen, weil sie keine Ruhe geben ist ebenso absolut kontraproduktiv.
Was ich stattdessen mache? Ich antworte nicht mehr oder nur mehr sehr einsilbig auf ihre Fragen, wiederhole ruhig, dass jetzt geschlafen wird und brauche mal wieder Geduld. Sehr viel Geduld.
Wenn ich es spätestens nach einer halben Stunde nicht mehr aushalte, rufe ich ihnen in Erinnerung, dass ich hier bin, um mit ihnen einzuschlafen. Spielen und plaudern können wir morgen wieder.
Ich bin hier um mit euch einzuschlafen. Spielen können wir morgen wieder.
Ich erkläre ihnen, wenn sie innerhalb von 5 Minuten nicht bereit sind, einzuschlafen, geh ich raus und komme wieder, sobald sie fertig gespielt haben und einschlafen wollen. Dann zähle ich bis 300. Und bis jetzt sind sie in diesen 5 Minuten noch wirklich jedes Mal zur Ruhe gekommen und weitere 10 Minuten später eingeschlafen.
Alles andere funktioniert nicht. Unsere Kinder brauchen diese Art der Einschlafbegleitung. Unser Weg ist, ihr Bedürfnis so lange wie nötig zu berücksichtigen und dies zu akzeptieren.
Mittlerweile darf ich den Großen übrigens alleine lassen beim Einschlafen (er ist jetzt 5). Das funktioniert an manchen Tagen perfekt, an anderen Tagen kommt er 1-2 Mal runter zu uns, weil er einfach nicht schlafen kann. Dann darf er noch etwas bei uns bleiben, wir kuscheln und plaudern noch ein bisschen und bringen ihn dann wieder ins Bett.
Übrigens: Je lauter und ungeduldiger wir wurden („Geh jetzt sofort zurück ins Bett!“), desto länger dauerte es. Denn wer kann schon einschlafen, wenn er Trauer oder Wut im Bauch hat?
Wenn Mama und Papa auf ein Date gehen möchten
Wenn es nicht nur darum geht, noch Arbeit oder den Haushalt zu erledigen wenn die Kinder eingeschlafen sind, sondern vielleicht ein Termin ansteht (Kino oder so), dann ist vorher friedlich einschlafen sowieso ein Ding der absoluten Unmöglichkeit! Raus schleichen und sich durch Tante oder Großeltern ersetzen lassen funktioniert frühestens ab 22 Uhr. Dann, wenn e schon alles zu hat.
Die Kinder RIECHEN, wenn man als Eltern am Abend zu etwas verabredet ist, was sich nicht innerhalb der eigenen vier Wände abspielt. Da kam uns die Covid-19-Pandemie grade recht. Mit Lockdown und Ausgangssperre von 20 bis 6 Uhr mussten wir nicht mal darüber nachdenken, ob wir am Abend etwas unternehmen wollen. Problem solved!
In den meisten Fällen riechen sie aber auch das Date zu hause. Wie oft fiel unser geplanter Fernsehabend ins Wasser, weil einer der beiden entweder zu spät eingeschlafen oder zu früher wieder aufgewacht und partout NICHT mehr alleine eingeschlafen ist.
Dann bleibt den Eltern nur noch eins übrig: kurze Arbeitsaufteilung zwischen Kind beruhigen und sich bettfertig machen, schlafen gehen, Kind ankuscheln und sich insgeheim versichern, dass alles nur eine Phase ist und mit Sicherheit wieder andere Zeiten kommen werden. Spätestens, wenn die Kinder dann selber auf ein Date gehen….
Nachtrag: Plötzlich funktioniert alleine einschlafen
Es ist tatsächlich nur eine Phase! 🙂
Als unsere beiden 5 und 3 Jahre alt waren, machten wir Urlaub auf Kreta. Dort hatten wir ein Zimmer mit Schiebetrennwand, hinter der 2 Betten für die Kinder aufgestellt waren. Unsere Tochter (3 Jahre alt) entschied von selbst, dort in ihrem eigenen Bett in ihrem eigenen „Zimmer“ schlafen zu wollen. Ich blieb also bei ihr bis sie einschlief, während Papa den Großen im Doppelbett schlafen legte. Und sie schlief dort 9 von 10 Nächten durch und an manchen Abenden sogar alleine ein!
Diese Erfahrung haben wir genutzt und ihr auch zuhause viele Jahre früher als erwartet ihr eigenes Zimmer eingerichtet. Die Einschlafbegleitung erfolgt nun abwechselnd: 5min in diesem Zimmer, 5min im anderen. Und tatsächlich gibt es kein Geschrei mehr, wenn ich aus dem Zimmer gehe. Im Gegenteil, unsere Kleine ist oft schon alleine eingeschlafen, während wir noch im Bad oder beim Großen sind – vielleicht, weil sie sich in ihrem eigenen Zimmer sicherer fühlt und besser zur Ruhe kommt? Wir wissen es nicht genau. Fakt ist, dass es so besser funktioniert – was wir zuvor niemals gedacht hätten!
Auch das Durchschlafen funktioniert bei unserer Tochter besser, seit sie in ihrem eigenen Zimmer schläft. Sie kommt zwar trotzdem noch so gut wie jede Nacht zu uns, es gibt aber auch schon hin und wieder Nächte, in denen sie erst um 7 Uhr in der Früh an unserem Bett steht.
Auch der Große schläft mittlerweile alleine ein – mit Nachtlicht und Hörbuch (Durchschlafen funktioniert noch immer nicht). Wir haben den Deal, dass ich alle 5min nach ihm schaue. Und ihm bewusst mache, dass wir da sind und auch bevor wir schlafen gehen noch einmal kurz zu ihm gehen und ihn noch einmal zudecken wenn er schon schläft.
Das funktioniert meistens ohne Probleme, nur hin und wieder kommt er doch noch runter oder verlangt, dass ich bei ihm bleibe. Sage ich dann freundlich aber bestimmt Nein, akzeptiert er das. Es kommt natürlich auch sehr auf den Müdigkeitsgrad an, aber meistens bleibt er geduldig im Bett.
Und plötzlich gibt es Abende, wo ich schon ab 20 Uhr Zeit für uns haben! Daran mussten wir uns auch erst mal gewöhnen.
Was lernen wir daraus? Wenn wir auf die Signale achten und ihnen Zeit geben, lösen sich viele Dinge von selbst!
Noch ein Nachtrag: Endlich schlafen sie durch!
Unsere Kinder sind mittlerweile 4,5 und fast 7 Jahre – und nun schlafen sie ENDLICH den Großteil der Nächte durch, in den Ferien sogar manchmal bis 8 Uhr! Herrlich! Und natürlich: Wenn wir in der früh raus müssen, kriegen wir sie um 7 Uhr kaum aus dem Bett, am Wochenende sind sie dafür regelmäßig zwischen 6 und halb 7 Uhr hellwach!
Fazit: Es gibt bei Kindern kein Einschlaf-Rezept!
Diese Erfahrung hat mir wieder mal gezeigt, dass Kinder so was von unterschiedlich sind und dass man einfach alles ausprobieren muss. An manchen Dingen helfen sie beim Einschlafen, an manchen nicht:
- Nachtlicht einschalten
- Hörbuch oder Einschlaf-Musik aufdrehen
- Lavendel-Öl auf die Waden massieren
- Entspannende Rücken-Massage
- Noch kurz spielen lassen
- Noch kurz bei uns sein lassen
- Das Einzige was niemals hilft: Druck machen!