Ja genau, bleib entspannt! Pfffff! Im Alltag mit Kindern dauernd gechillt zu sein ist praktisch unmöglich, werdet ihr jetzt denken. Stimme ich euch vollkommen zu. Ich hätte auch schon sehr oft innere Ruhe und Gelassenheit auf Knopfdruck benötigt. Gibt es leider nicht.
Aber wir können die Anzahl der gechillten Momente, Minuten, Stunden und vielleicht sogar auch Tage drastisch erhöhen, wenn wir folgende Punkte beachten:
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Berücksichtigt die Grundbedürfnisse eurer Kinder
Wie gut seid ihr drauf, wenn ihr müde oder hungrig seid? Vor allem wenn von eurem Kind viel Kooperation gefordert ist, z.B. weil ihr es zum Einkaufen mitschleppen müsst oder ein Arzttermin ansteht, achtet darauf, dass euer Kind seinen Mittagsschlaf bekommt, wenn es diesen noch braucht.
Und habt immer etwas zu essen und trinken mit. IMMER. Auch wenn ihr gleich nach dem Mittagessen aufbrecht, müssen ausreichend Snacks in der Tasche sein. Das hilft übrigens generell, das Risiko von unkontrollierten Gefühlsausbrüchen eurer Kinder zu reduzieren!
Habt keine Erwartungen an das kindliche Verhalten
Kinder sind absolute Wundertüten und machen oft genau das Gegenteil von dem, was wir erwarten. Was gestern unbedingt notwendig war, kann heute der Weltuntergang sein.
Verabschiedet euch von der Illusion, Reaktionen und Verhalten eurer Kinder vorhersehen zu können.
Mit der Zeit entwickeln sie eine eigene Persönlichkeit und werden etwas berechenbarer, aber dieser Vorgang dauert Jahre!
Wie oft wurden bei uns Bananen dunkelbraun, weil unsere Kinder tagelang drei Stück am Tag verlangt haben – und dann plötzlich wieder tagelang nicht. Auf die Frage, ob unsere Kinder Nudelsuppe, Spinat, Tomatensoße, Schinken, etc. essen antworte ich immer mit: „Normal schon, aber keine Ahnung, wie das heute ist!“
Das Kleid mit dem Fuchs drauf hat unsere Tochter immer gerne angezogen – heute löste es einen Schreikrampf aus. Ebenso, dass ich – so wie jeden Tag – die Rinde vom Brot schneide. Sie ist ja schon groß und hat genug Zähen zum Beißen – plötzlich! Und morgen eventuell wieder nicht.
Zurzeit (mit knapp 3 Jahren) ändert unsere Tochter im Sekundentakt ihre Meinung. Doch diese Sprünge sind bei Kleinkindern völlig normal. Das junge Gehirn muss schließlich erst lernen, seine Gedanken zu sortieren und zu überlegen, BEVOR es sich verbal mitteilt. Ich kommentiere es mittlerweile nur mehr mit einem Achselzucken und stelle mich darauf ein.
Zeigt Verständnis für die Gefühlswelt eurer Kinder
- „Ich weiß du bist enttäuscht, weil wir nicht mehr auf den Spielplatz gehen, aber es wird schon fast dunkel! Wir können morgen wieder herkommen.“
- „Ja sicher, ich wäre auch sauer, wenn sich jemand vordrängt, aber das ist kein Grund, gleich zu hauen!“
- „Genau, das blöde Wetter! Ich finds auch voll fies, dass wir heute nicht in den Zoo können weil es regnet.“
- „Ich weiß, dass du schon müde bist. Ich auch. Aber wir düsen noch schnell zum Bäcker und dann fahren wir schon nach hause! Gemeinsam schaffen wir das!“
- „Wirklich? Die grüne Schaukel schaukelt nicht so gut wie die gelbe? Hm, das ist blöd. Dann müssen wir jetzt entweder warten, bis die gelbe Schaukel frei ist oder wir gehen einstweilen zur Rutsche.“
Sorgt für Routine
Kinder LIEBEN Routine und HASSEN Unerwartetes. Manche sind etwas flexibler als andere, aber die meisten Kinder werden total unrund, wenn etwas anders wird als gedacht. Oder sie mit etwas Neuem konfrontiert werden.
- Nicht nach dem Heimkommen vom Kindergarten fernschauen, sondern ausnahmsweise mal zuerst essen? Geht gar nicht!
- Die kinderlose Freundin von Mama kommt mit auf den Spielplatz? Die will ich nicht sehen!
- Mal eine andere Strecke zum Spielplatz gehen? Sorgt für gewaltigen Unmut!
- Meinen Sohn nach der Corona-Pandemie ganz normal in der Kindergarten-Garderobe und nicht mehr im Garten an der Terrassentür abzugeben? Kann ich mir aufzeichnen! Bei jedem Wetter!
Deshalb teilt eure Pläne nicht zu früh mit euren Kindern, falls sie wieder anders werden könnten und vor allem:
Kündigt euren Kindern rechtzeitig Änderungen an
Viele Kinder haben Probleme mit so genannten Schwellensituationen:
- Zuerst wollen sie nicht in den Garten, dann wollen sie nicht rein.
- Zuerst wollen sich nicht zur Omi fahren, dann wollen sie nicht heim.
- Zuerst wollen sie nicht ins Auto steigen, dann wollen sie nicht raus.
- Zuerst freuen sie sich auf den Kindergarten, dann wollen sie nicht in die Gruppe.
Diese Liste könnte man nahezu unendlich fortsetzen. Was hilft: Rechtzeitig auf den Übergang vorbereiten. „In 10 Minuten gehen wir nach Hause!“ – und das dann auch penibel einhalten. Ganz nebenbei bekommen so bereits die Kleinsten ein Gefühl für Zeitangaben.
Oder: „Schaut die Folge noch fertig und dann schalten wir aus“. In diesem Fall sind Zeitangaben weniger geeignet, denn wie würdet ihr euch fühlen, wenn euch jemand mitten im Film den Fernseher abdreht?
Oft hilft es auch, etwas, womit gerade gespielt wurde, mitzunehmen: Das Stofftier, die Puppe, die Playmobil-Figur, ein Baustein oder das Malbuch kommen dann mit in die Tasche. Nicht, dass diese Dinge dann unterwegs auch nur eines Blickes gewürdigt werden würden, aber das Aufhören fällt leichter.
Macht klare Ansagen
Rechtzeitig auf den Übergang vorbereiten hat auch ein bisschen mit klaren Ansagen zu tun. „Rutscht noch ein allerletztes Mal und dann gehen wir nach Hause“ ist eine viel exaktere Aussage als „Wir werden jetzt dann bald gehen müssen, okay?“.
„Ich verstehe deine Wut, aber auch wenn du schreist und tobst und mich blöde Mama nennst und es mir furchtbar peinlich ist, dass alle herschauen – ich werde meine Meinung nicht ändern!“ transportiert ebenfalls eine klare Botschaft.
So bleibt dann auch wenig Verhandlungsspielraum. Mehr dazu unter 6 mögliche Gründe, warum ein Kind nicht hören will. Und apropos Verhandlungsspielraum:
Gebt auch hin und wieder nach
Wie nachgeben? Im Ernst jetzt? Man muss doch konsequent sein! Wenn ich den Tobsuchtsanfall der Kleinen auch noch belohne, ziehen sie doch jedes Mal diese Show ab!
Äh, nein. In seinem Buch „Kinder verstehen“* berichtet Herbert Renz Polster, dass sogar Primaten-Mütter manchmal nachgeben und das Wohl ihres Kindes in den Vordergrund stellen. Nicht immer konsequent sein liegt also scheinbar in unserer Natur. Achtet einfach auf euer Bauchgefühl und probiert es aus.
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass hin und wieder nachgeben und sich vom Kind zu etwas überreden lassen, dazu führt, dass sie diskutieren und verhandeln, anstatt sich kreischend auf den Boden zu schmeißen. Das ist zwar ein bisschen anstrengend, weil sie dann dauernd verhandeln, aber hey, vielleicht werden sie ja mal später UNO Generalsekretär….?
Steht zu eurem klaren NEIN
Wenn Kinder oft mal ihren Willen durchsetzen dürfen, akzeptieren sie eher, wenn es dann einmal bei einem NEIN bleiben muss. Unser Großer weiß mit 5 Jahren ganz genau, was „unverhandelbar“ bedeutet. Überlegt euch im Vorfeld, bei welchen Dingen ihr IMMER Nein sagt. Hier ist dann Konsequenz gefordert, aber auch Erklärung: WARUM ist uns das so wichtig?
Bei uns sind dies ausschließlich Dinge, bei denen es um Sicherheit und Gesundheit geht:
- Vor dem Essen Hände waschen
- Zweimal täglich Zähne putzen
- Auf verkehrsreichen Straßen an der Hand gehen
- Medikamente nehmen
- Im Auto anschnallen
- Beim Fahrrad- und Rollerfahren Helm aufsetzen
Hier üben wir bewusst Kontrolle und Zwang aus. Alles andere ist verhandelbar.
Schafft euch Auszeiten
Ich hab es bei mir gemerkt. Drei Tage rund um die Uhr die Kids (weil Ferien, weil krank, weil Großeltern auf Urlaub) und meine Nerven liegen blank. Da müssen sie gar nicht mega-anstrengend sein, die fehlende Me-Time und die ständige Bereitschaft allein sorgen dafür, dass mein Akku leer und meine Geduld am Ende ist. Deshalb gönnt euch so oft wie möglich eine kleine Auszeit!
Nicht vergessen: Ihr habt nichts falsch gemacht!
Wenn Kinder trotziges Verhalten an den Tag legen, ist das ein Zeichen von Vertrauen. Sie fühlen sich geborgen genug, alle Vorsicht in den Wind zu schlagen und trauen sich, ungebremst ihre wahren Emotionen um sich zu schleudern. Sie brauchen sich bei euch nicht zurückhalten. Sie können sich aufführen wie sie wollen, weil sie sich eurer bedingungslosen Liebe sicher sind. Ihr seid der Safe Space, wo sie sein können, wie sie sich gerade fühlen.
Da habt ihr was richtig gemacht!
Und wenn ihr doch mal explodiert….?
Wenn ihr die Wut auf euer Kind hochkochen fühlt – atmet tief durch. Nehmt euch aus der Situation und verlasst wenn möglich kurz den Raum. Reagiert euch am Sofakissen ab. Singt anstatt zu schreien.
Und wenn das nicht klappt und euch doch Dinge rausrutschen, die euch hinterher leid tun?
Klärt das mit eurem Kind. Entschuldigt euch. Gebt zu, dass auch Erwachsene manchmal Fehler machen und gemein sind, obwohl sie das nicht wollen. Und dass ihr euer Kind trotzdem über alles in der Welt lieb habt. Um mit den Worten des Familientherapeuten Jesper Juul zu enden: „Und dann vergeben Sie sich selber!“
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